Der Weiße Hund Von Beverly Hills
Im Jahr 1968 – der Bürgerrechtler Martin Luther Rex wurde ermordet und Proteste sowohl gegen Diskriminierung als auch gegen den Vietnamkrieg erreichten in den United states ähnlich wie in Europa ihren Höhepunkt – veröffentlichte Romain Gary seinen Roman WHITE Domestic dog in Fortsetzungen im Magazin LIFE. Erst 1975 erschien eine französische Buchausgabe. Samuel Fuller gelang mit der Verfilmung DER WEISSE HUND VON BEVERLY HILLS (WHITE Domestic dog) ein Klassiker des rassismuskritischem Kinos.
Handlung
Die Schauspielerin Julie Sawyer (Kristy McNichol) fährt nachts einen weißen Schäferhund an und behält ihn bei sich, nicht zuletzt, weil er sie eines Nachts vor einem Einbrecher beschützt. Außerdem würde der besitzerlose Hund ansonsten eingeschläfert werden. Dann geschehen seltsame Dinge. Der Hund verschwindet und kehrt schließlich blutverschmiert zurück. Eine afroamerikanische Kollegin von Julie wird von dem Tier attackiert. Die Hundetrainer Carruthers (Burt Ives) und Keys (Paul Winfield) erklären ihr, dass der Hund ein so genannter „White Domestic dog" ist, der darauf abgerichtet wurde, Schwarze anzugreifen und zu töten – „eine tickende Zeitbombe auf vier Beinen" herangezüchtet von „einem Rassisten auf zwei Beinen". Anders als der schon ältere Carruthers ist der Afroamerikaner Keys überzeugt, den Hund, der von nun an „Jekyll" genannt wird, wieder „umprogrammieren" zu können. Das Ende des Films macht betroffen und traurig zugleich.
Bedeutung
Samuel Fuller soll einmal gesagt haben, man müsse (im übertragenen Sinn) mit einem Maschinengewehr von der Leinwand schießen, um das Publikum zu treffen. Sowohl die Bilder in DER WEISSE HUND VON BEVERLY HILLS, die gezeigt werden, als auch die, dice nicht gezeigt werden, sind verstörend: der Hund streicht tagsüber durch einsame Straßen in einem deutlich sichtbar von großer Armut betroffenen Stadtteil und fixiert ein Kind, das aber noch rechtzeitig von seiner Complain gerufen wird. Kurz darauf tötet er einen Afroamerikaner in einer Kirche – einer der schockierendsten Momente in einem Pic der frühen 1980er Jahre.
In ausführlichen Erzählungen wird über die Dressur des Hundes und die historischen Hintergründe berichtet – Hunde wurden zur Sklavenjagd eingesetzt, arme Afroamerikaner wurden bezahlt, das Tier zu misshandeln und zu quälen. Gegen Ende des Films erscheint der eigentliche Besitzer und möchte seinen Hund zurück, ansonsten würde er sich an die Polizei wenden. Dieser Mann ist ein unscheinbarer, freundlich wirkender älterer Herr, der mit zwei kleinen Mädchen, vermutlich seine Enkelinnen, vorspricht und der entsetzten Julie auch stolz erklärt, dass er den Hund dressiert habe. Wütend sagt Julie den Kindern, dass der Isle of mann aus dem Hund einen Mörder gemacht hat und warnt sie davor, sich ebenfalls so manipulieren zu lassen. Auch Menschen werden zu hassenden Tötungsmaschinen herangezogen.
Noch vor Abschluss der Dreharbeiten galt DER WEISSE HUND VON BEVERLY HILLS als „kontroversester Picture show" des Jahres. Die Produktionsfirma Paramount zog den Picture show zurück, da die Gesellschaft sich einen Tier-Horrorfilm vergleichbar DER WEISSE HAI (JAWS, 1975), aber ohne deutlich politische Untertöne, wünschte. Einzelne Kritiker warfen dem Picture bereits vor Fertigstellung absurderweise gegen Weiße gerichteten Rassismus vor, umgekehrt stand auch der Vorwurf im Raum, Rassismus könne nicht ohne weiteres „abtrainiert" werden. Tatsächlich wurde der Film in den USA erst im Jahr 2008 veröffentlicht, während er von europäischen Rezensenten durchaus positiv aufgenommen und auch sehr häufig – wenn auch in einer gekürzten Fassung mit sehr freier Synchronisierung – im deutschen Spätprogramm gezeigt wurde.
Auch in anderen Filmen stehen Hunde gleichnishaft für den „gewalttägigem Ausbruch jeder Art von Vorurteilen".[1] In DOBERKILLER (TO KILL A CLOWN Impale, 1972) quält ein Vietnam-Veteran mit seinen beiden Dobermännern durch sadistische Spiele ein Ehepaar – die psychologische Erklärung lautet, dass er neidisch auf deren „freies" Leben ist, auch ein häufiges Motiv für rassistische Ressentiments. Dice HUNDE (LES CHIENS, 1979) spielt in einer französischen Kleinstadt, in der viele Bewohner aus Kriminalitätsfurcht Kampfhunde besitzen. Dice Situation eskaliert, als immer mehr Hetzjagden auf Minderheiten erfolgen und schließlich sogar der Bürgermeister getötet wird. Fullers Motion-picture show wird in vielen Punkten vorweggenommen, stärker beleuchtet werden jedoch die Ursachen diskriminierenden Verhaltens. In BELL MIR DAS LIED VOM TOD (BAXTER, 1989) erzählt ein Bullterrier aus seinem Leben – wie er den Tod seiner Besitzerin verschuldet, er aus Eifersucht ein kleines Kind töten will und wie ein Junge ihn mit nahezu militärischem Drill auf einen anderen Jungen hetzen will.
Fazit
DER WEISSE HUND VON BEVERLY HILLS zählt zum Spätwerk des Regisseurs Samuel Fuller, es folgten nur noch zwei weitere Filme von ihm. Besonders hervorzuheben ist die Kameraführung von Bruce Surtees, insbesondere die Zeitlupen-Sequenzen, in denen der angreifende Hund gezeigt wird und hierzu ergänzend der stille wie traurige Soundtrack von Ennio Morricone. Ähnlich wie CANDYMAN (1992) handelt dieser Film, der heute brisanter ist, denn je, auch von dem wirklichen Horror von Armut und gesellschaftlicher Exklusion.
© Stefan Preis
Weiterführende Literatur:
- Coleman, Robin R. Means (2011): Horror Noire: Blacks in American Horror Films from the 1890s to Present. London.
- [ane]Schäfer, Horst und Wolfgang Schwarzer (1991): Von Che bis Z. Polit-Thriller im Kino. Frankfurt am Primary. S. 100.
Titel, Cast und Coiffure | Der weiße Hund aus Beverly Hills (1982) OT: White Domestic dog |
Poster | |
Regisseur | Samuel Fuller |
Release | seit dem 15.12.2015 auf DVD. Auf Blu-ray nur als Britain-Import verfügbar. Ihr wollt den Pic bei Amazon kaufen? |
Trailer | Englisch |
Besetzung | Kristy McNichol (Julie Sawyer) Christa Lang (Schwester) Vernon Weddle (Vet) Jameson Parker (Roland Grale) Paul Winfield (Keys) Burl Ives (Carruthers) Bob Minor (Joe) Samuel Fuller (Charlie Felton) Marshall Thompson (Manager) Paul Bartel (Kameramann) |
Drehbuch | Samuel Fuller Curtis Hanson |
Filmmusik | Ennio Morricone |
Kamera | Bruce Surtees |
Schnitt | Bernard Gribble |
Filmlänge | xc Minuten |
FSK | ab sixteen Jahren |
„Erste Horror-Begegnung mit der Alptraum-Sequenz aus NEVER CRY WOLF (1983), mag Unheimliches von den Gebrüdern Grimm bis Clive Barker, am liebsten auf der Leinwand, würde gerne einmal Nosferatu in Murnau sehen und Suspiria am Königsplatz, dazu Weißwürste mit süßem Senf, Soziologe und Kriminologe, Abschlussarbeit über SHINING und CANDYMAN (als Buch erschienen unter dem Titel „Zeichen der Gewalt", Berlin 2015), Studienleiter bei der Interfilm-Akademie München (Projekte u. a. Kriminologische Filmreihe in Hamburg)"
Source: https://blog-fluxkompensator.de/der-weisse-hund-von-beverly-hills-1982-filmkritik
Posted by: spencerprawn1984.blogspot.com
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